Nach den Worten von Chen Xi-fu, Dozent an der Abteilung für Freizeit und Erholungs-Management der Jinwen University of Science and Technology in der Stadt New Taipei City (bis vor kurzem Landkreis Taipeh), begann Taiwans Inlandstourismus sich in dem Jahrzehnt ab Ende der sechziger Jahre wirklich zu entwickeln. In jener Phase entstand das Tourismusamt im Ministerium für Verkehr und Kommunikation (Ministry of Transportation and Communications, MOTC), es fand Forschung über die touristischen Ressourcen statt, und es wurden einige Verkehrsverbindungen fertig gestellt wie die Sun Yat-sen-Autobahn, die sich von Norden nach Süden fast über die gesamte Länge von Taiwans Westküste erstreckt.
Der Aufbau eines passenden gesetzlichen Rahmens für das Gewerbe war gleichfalls ein Faktor, der die Entwicklung des Fremdenverkehrs im Inland förderte. Das Gesetz über die Entwicklung des Tourismus wurde im Jahre 1969 verkündet, um das Wachstum des Fremdenverkehrsgewerbes zu erleichtern und eine dauerhafte Verwaltung der ökologischen und kulturellen Merkmale, die Taiwan einzigartig machen, zu erreichen. Entsprechende Gesetze und Verordnungen für das Gewerbe, Nationalparks und Landschaftsgebiete wurden im Einklang dazu festgelegt. Die Bestimmungen über die Verwaltung ausgewiesener Landschaftsgebiete wurden im Jahr 1979 verkündet, also jenem Jahr, in dem auch erste Erkundungen für die Einrichtung des Nationalen Landschaftsgebiets Nordost- und Ilan-Küste durchgeführt wurden. Gegründet wurde das Gebiet dann 1984 und war damit Taiwans erstes nationales Landschaftsgebiet. „Für das Erste muss man schon etwas wirklich Besonderes sein“, sagt Eric Lin, Direktor des Verwaltungsbüros des Landschaftsgebietes.
Von Nanya nach Neipi
Der Verwaltungsbereich des Landschaftsgebietes erstreckte sich laut Lin ursprünglich vom Dorf Nanya in der Gemeinde Ruifang (damals Landkreis Taipeh) im Norden bis zur Gemeinde Toucheng (Landkreis Ilan) im Süden. 1999 wurde das Gebiet ausgeweitet und umfasste danach die Insel Guishan Island, auch unter dem Namen Turtle Island bekannt, 2007 wurde noch der Strand Neipi unweit der Gemeinde Suao (Landkreis Ilan) am südlichen Ende einbezogen. Zur Zeit zieht sich der Verwaltungsbereich des Landschaftsgebietes über 102,5 Kilometer entlang der Küste von New Taipei City und Landkreis Ilan hin und hat eine Land- und Seefläche von 17 421 Hektar.
An der nördlichen Küstenlandstraße bei Nanya befindet sich ein unverwechselbarer Fels, der durch Erosion die ungefähre Gestalt eines Hörnchens für Eiscreme annahm und heute den nördlichen Zugang zum Landschaftsgebiet markiert. Besucher können sich dort nicht nur die einmaligen Felsformationen und Seeklippen anschauen, sondern auch am Hafen Nanya — einem kleinen Fischereihafen, der 1963 vollendet wurde — entlangspazieren oder dem Bergpfad vom Mt. Nanya folgen, bevor sie weiterfahren und das Landschaftsgebiet auskundschaften.
Wilde Schönheit: Klippen in Longdong. (Foto: Chang Su-ching)
Von Nanya aus gelangt man mit dem Auto über die Küstenlandstraße schnell zum Kap Bitou. Der Name bedeutet Nasenspitze und rührt von der örtlichen Landzunge mit der ungefähren Form einer Nase her, die am Scheidepunkt zwischen Ostchinesischem Meer und Pazifischem Ozean in die See hineinragt. Der Bitou-Longdong-Geopark ist wegen seiner spektakulären Landschaft sehr beliebt. Ein Besuch dort gleicht einer Teilnahme an Naturkunde-Unterricht, da es dort geologische Muster wie die erodierten Klippen zu bestaunen gibt, die ähnlich riesigen gestrandeten Schiffen am Strand stehen, oder soldatenartige „Pilz“-Felsen mit abgerundeten Formen an der Oberseite und schlankeren unteren Abschnitten, entstanden vor schätzungsweise 6 Millionen Jahren. Unweit des geologischen Parks befindet sich ein Freiluft-Meeresschwimmbecken, eines von mehreren solchen Bassins in der Gegend, wo man früher Seeohren züchtete.
Kap Bitou ist außerdem ein guter Platz, um Vögel zu beobachten und zu fischen, und Besucher mit anderen Vorstellungen kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Ein 3 Kilometer langer Pfad bei Longdong bietet einen Blick auf eine noch fernere geologische Vergangenheit. Longdong, zu Deutsch „Drachenhöhle“, verdankt seinen Namen der Form der örtlichen Uferlinie, die an einen liegenden Drachen erinnern soll. Vor etwa 35 Millionen Jahren hob sich harter, steil aufragender Sandstein, was Brüche im Gestein erzeugte. Longdong lässt sich in zwei Erholungszonen unterteilen, die durch den Longdong-Tunnel voneinander getrennt sind — der Longdong Bay Park mit verschiedenen geologischen Aussichten, und der Longdong South Ocean Park mit Wassersportmöglichkeiten wie einem Schwimmbad im Meer, das für Erwachsene wie Kinder gleichermaßen geeignet ist.
Es gibt einige andere interessante Fleckchen in der Gegend von Bitou und Longdong, die man bei ausreichend Zeit erkunden kann, doch die meisten Besucher auf Tagesausflug im Nationalen Landschaftsgebiet fahren weiter zum Dorf Fulong in der Gemeinde Gongliao (New Taipei City). Fulong ist eines der am frühesten entwickelten Touristenziele der Gegend, der Badestrand dort war schon in der japanischen Kolonialzeit (1895-1945) beliebt. Die Gegend an der Mündung des Shuang-Flusses ist überdies gut zum Bootfahren, Wellenreiten und Surfen, Schnorcheln und für vieles andere mehr. Die Verwaltungszentrale des Landschaftsgebietes befindet sich heute in Fulong, und seit 2001 findet dort jeden Sommer drei bis fünf Tage lang das Hohaiyan-Rockfestival statt. Nicht weit von Strand entfernt liegt der Campingplatz Longmen, einer der besten Campingplätze Taiwans.
Strandleben und Treibholzkunst
Vor einem Abstecher zum Strand, der laut Medienberichten wegen der Hafenanlagen, die für das beinahe vollendete Atomkraftwerk in Gongliao (der vierte Standort zur nuklearen Stromerzeugung auf der Insel) gebaut wurden, angeblich kleiner wird, zieht es manche Besucher zu einem Touristenzentrum, wo man eine Fülle von Informationen über das Landschaftsgebiet finden kann. Das Museum für Holzskulptur am Fulong-Touristenzentrum neben der Zentrale des Landschaftsgebietes zum Beispiel ist einen Besuch wert. Im Erdgeschoss sind Objekte zu sehen, die Bildhauer aus am Strand gefundenem Treibholz gestalteten. Im ersten Obergeschoss porträtiert eine Sammlung von Kunstwerken mit Gemälden und Fotos die Schönheit des Landschaftsgebietes.
Entspannung und Erholung, Spaß und Sport, Bildung und Naturnähe – das Nationale Landschaftsgebiet Nordost- und Ilan-Küste bietet jedem etwas. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Northeast and Yilan Coast National Scenic Area Administration)
Zwar kommen viele der Besucher wegen des Strandes und für Wassersport her, doch gibt es in Fulong auch allerhand anderes zu tun. Fast direkt aus dem Meer steigen Berge auf, auf denen man großartig wandern kann, besonders auf dem noch vorhandenen Abschnitt des historischen Caoling-Pfades zwischen Gongliao und Dali im Landkreis Ilan. Der ursprüngliche Pfad war 1807 angelegt worden und stellte eine wichtige Verkehrsachse von Taipeh nach Ilan dar, die einzige Alternative zum Reisen war damals per Schiff. Tatsächlich ist der historische Caoling-Pfad eine der beliebtesten Wanderrouten in Taiwan. „Wenn man während eines Aufenthaltes in Taiwan nur einmal wandern gehen kann, sollte man es dort tun“, empfiehlt der bekannte englischsprachige Taiwan-Reiseführer vom Lonely Planet-Verlag.
Viele nutzen die Gegend außerdem gern zum Fahrradfahren. Fahrräder nach Fulong mitzunehmen ist kein Problem, da die Landschaftsgebiets-Verwaltung mit der Eisenbahnverwaltung Taiwan (Taiwan Railway Administration, TRA) zusammenarbeitet und es Zugpassagieren gestattet ist, ihre Drahtesel in den Waggons mitzuführen. Man kann sich aber auch in einem der zahlreichen Geschäfte in Bahnhofsnähe ein Stahlross mieten. Eric Lin von der Landschaftsgebiets-Verwaltung schätzt, dass allein in der Gegend von Fulong mindestens 3000 Mieträder zur Verfügung stehen.
Der beliebteste Radweg unter denen, welche die Verwaltung kartografiert hat, ist laut Lin die Strecke durch den Alten Caoling-Tunnel. Als der Tunnel 1924 von den Japanern gebaut wurde, war er der längste Eisenbahntunnel Taiwans, bis man ihn 1986 stilllegte. Die Landschaftsgebiets-Verwaltung öffnete den Tunnel 2008 für Wandervögel und Radfahrer. Wer den Tunnel am Nordeingang betritt, wird nach gut zwei Kilometern im Stollen am Ausgang durch den umwerfenden Anblick des Pazifischen Ozeans belohnt. Durch die Kombination von Radfahren, Bergwandern, Strandaktivitäten und Wassersport plus Camping wurde Fulong das beliebteste Ziel im Landschaftsgebiet, 2009 kamen über 60 Prozent der 4 Millionen Gäste im Landschaftsgebiet dorthin.
Ungefähr fünf Kilometer südlich von Fulong befindet sich Kap San Diego, der Nordrand des Geoparks Kap San Diego-Dali. Im Landschaftsgebiet gibt es drei Geoparks: Bitou-Longdong, San Diego und Guishan Island, jeder der Parks besticht mit eigenen Merkmalen. Nach Auskunft von Eric Lin hat man vom Kap San Diego aus die beste Aussicht auf Guishan Island — an einem klaren Tag könne der Besucher „eine Riesen-Schildkröte“ ruhig auf dem Wasser liegen sehen. Unweit Kap San Diego befindet sich das kleine Fischerdorf Maoao. Besondere Sehenswürdigkeiten gibt es dort nicht, abgesehen vielleicht von den aus örtlichem Stein gebauten Häusern der Dörfler, doch in der einfachen, gelassenen Atmosphäre fällt es Besuchern aus der Stadt leicht, abzuschalten und sich zu entspannen.
Sehenswürdigkeiten von New Taipei City und Ilan
Es gibt noch ein paar weitere Stellen südlich vom Kap San Diego, wo Besucher Felsenfischerei probieren oder sich an der Aussicht ergötzen können, bevor sie das Gebiet von New Taipei City verlassen und die Grenze zum Landkreis Ilan überschreiten. Das Dorf Shicheng ist auf dem Weg nach Ilan eine gute Anfangsstation, denn die Landschaftsgebiets-Verwaltung hat dort ein kleines Café mit dem Namen „Shicheng Coffee“ gebaut, wo die Besucher eine Pause einlegen und die Aussicht aufs Meer genießen oder die einheimischen Fischer dabei beobachten können, wie sie ihre Netze auswerfen. Wanderfreunde können zudem den historischen Longling-Wanderpfad zwischen Shicheng und Gongliao erkunden, der parallel zum Caoling-Pfad verläuft.
Neben einem von Taiwans besten Sandstränden (der schon in der japanischen Kolonialzeit populär war) bietet Fulong, wo sich die Verwaltungszentrale des Landschaftsgebietes befindet, hervorragende Möglichkeiten zum Wandern und Radeln. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Northeast and Yilan Coast National Scenic Area Administration)
Am Südende des historischen Caoling-Pfades, südlich von Shicheng an der Küstenlandstraße, liegt das Dorf Dali. Danach erreicht man erst die Dörfer Daxi und Beiguan, die beide ihre eigenen geologischen Kennzeichen und Geschichte haben, und dann die Stadt Toucheng. Der Name „Toucheng“ bedeutet auf Deutsch „erste Stadt“ und spielt darauf an, dass Toucheng als erste Stadt gilt, an der Reisende auf dem Weg zur Lanyang-Ebene weiter südlich vorbeikommen. Vom Hafen Wushi in Toucheng aus können Besucher bei günstigen Witterungsverhältnissen Bootsfahrten zur Beobachtung von Delfinen und Walen oder einen Öko-Ausflug zur Guishan-Insel unternehmen. Der Zhuan-Fluss von Ilan mündet bei Toucheng ins Meer und bildet dort ein Feuchtgebiet, das zur Vogelbeobachtung populär ist. In der Vergangenheit wurden dort über 190 verschiedene Vogelarten während ihrer jährlichen Migration im Winter gezählt. In den jüngsten Jahren hat man allerdings einen Rückgang der Zahl von vorbeiziehenden Arten verzeichnet, was auf die Entwicklung von Land in der Umgebung zurückzuführen ist. Nach Angaben örtlicher Vogelbeobachtungsgruppen ziehen nur noch etwa 80 Arten regelmäßig durch die Gegend.
Zwischen Toucheng und dem Strand Neipi bei der Gemeinde Suao, dem südlichen Zugang zum Landschaftsgebiet, gibt es viel zu erleben. Nennenswert sind unter anderem der Ufer-Fahrradweg in der Gemeinde Zhuangwei, die Wuweigang-Wasservogelzuflucht in Suao (Taiwans erstes Wasservogel-Schutzgebiet) und das Erholungsgebiet Kap Tofu. Einen Besuch bei den heißen Quellen von Jiaoxi und den kalten Mineralquellen von Suao, die beide knapp außerhalb des Landschaftsgebietes liegen, aber schnell erreichbar sind, sollte man ebenfalls nicht versäumen. Und natürlich ist ein Ausflug zur Küste unbedingt mit einem Meeresfrüchte-Festessen in einem der vielen Hafenrestaurants zu vervollständigen.
Im Laufe der vergangenen fünf Jahre besuchten über 3 Millionen Menschen jährlich das Nationale Landschaftsgebiet Nordost- und Ilan-Küste. Eric Lin hat keine Zweifel, dass neben den natürlichen Sehenswürdigkeiten das Angebot von Veranstaltungen, Aktivitäten und Festen in der Gegend gleichfalls zum stetigen Anstieg der Besucherzahlen beiträgt. „Feste und besondere Aktivitäten veranstalten ist eine beliebte Methode beim Fremdenverkehrs-Marketing, und wir haben dabei recht gute Erfolge verzeichnet“, stellt er fest. Neben dem Hohaiyan-Rockfest im Juli organisiert die Landschaftsgebiets-Verwaltung ein Sandskulpturfest und mehrere Veranstaltungen im Bereich Radfahren und Wandern. Darüber hinaus arbeitet sie mit den Lokalverwaltungen zusammen, damit Saisonfeste mit landwirtschaftlichen Produkten und kulturellen oder religiösen Ereignissen im Mittelpunkt stattfinden können.
In 90 Minuten erreichbar
Bequeme Verkehrsmittel spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle dabei, Touristen ins Landschaftsgebiet zu locken. „Innerhalb von 90 Minuten kann man von Taipeh aus entweder mit dem Auto oder der Eisenbahn jeden der beiden Zugänge [nördlich oder südlich] zum Landschaftsgebiet erreichen“, wirbt Lin. „Wegen unserer Nähe zu Taipeh und anderen dicht besiedelten Gebieten in Nordtaiwan sind wir das am intensivsten genutzte Nationale Landschaftsgebiet.“ Die bequemen Verkehrsrouten werden indes zuweilen durch dichten Verkehr beeinträchtigt. Wer mit dem Automobil oder im Omnibus anreist, ärgert sich an Wochenenden und Feiertagen häufig über Staus, welche den Verkehrsfluss sowohl auf der Chiang Wei-shui-Autobahn zwischen Taipeh und Ilan als auch auf der Küstenlandstraße von Keelung nach Ilan hemmen. Seit ihrer Einweihung im Jahre 1979 ist die Küstenlandstraße zudem eine viel von schweren Baustellenfahrzeugen benutzte Straße, für welche die Chiang Wei-shui-Autobahn gesperrt ist. Lin räumt ein, dass die mit Sand und anderen Baumaterialien beladenen Schwerlaster eine Gefährdung für andere Fahrer darstellen können, doch zur Zeit kann die Lokalverwaltung nicht viel dagegen unternehmen, außer die örtliche Polizei um Mithilfe zu bitten.
Die alte Fischereitechnik des qiangu, also des Netz-Einholens, kann man in der Gemeinde Toucheng erlernen. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Northeast and Yilan Coast National Scenic Area Administration)
Als Alternative ist eine Zugfahrt über die nördliche Verbindungslinie eine beliebte Methode für einen Ausflug in das landschaftlich reizvolle Gebiet. Das Eisenbahn-Streckennetz hat allerdings auch Lücken — so gibt es keine Schienen-Anbindung zu den Sehenswürdigkeiten nördlich von Fulong. Aus diesem Grund unterhält New Taipei City den gebührenfreien Ozean-Busservice von Ruifang nach Fulong, der an wichtigen Ausflugszielen Halt macht. Bislang wird der Service nur im Juli, dem Monat mit dem höchsten Besucheraufkommen in der Gegend, angeboten, doch die Landschaftsgebiets-Verwaltung arbeitet laut Lin daran, eine reguläre Buslinie einzurichten, die das ganze Jahr über in Betrieb sein soll.
Da die Touristenattraktionen im ganzen Landschaftsgebiet sich um Strand- und Uferaktivitäten drehen, stellen die kräftigen jahreszeitlichen Winde einen weiteren „Schwachpunkt“ dar. Fast die Hälfte aller Besucher kommen während der Sommermonate, wogegen weniger als 20 Prozent im Winter vorbeischauen, wenn der Wind am stärksten weht. Tatsächlich ist einer der Gründe, warum man in dem Landschaftsgebiet dem Bau von Einrichtungen für Radfahren und Wandern so große Aufmerksamkeit schenkt, dass man in den kälteren Jahreszeiten mehr Touristen anlocken möchte, und dazu organisiert man zudem Ereignisse zu besonderen Anlässen.
Ein solches Ereignis war die Party „Als Erster die Sonne begrüßen“, die am 1. Januar 2010 in Fulong stattfand. Kurz nach Mitternacht am Neujahrsmorgen wurden am Hauptbahnhof Taipeh und dem Songshan-Bahnhof Taipeh gratis Fahrscheine für Zugfahrten nach Fulong verteilt, wo um vier Uhr morgens eine Reihe von Veranstaltungen begann. Auf der Rainbow Bridge in der Nähe wurde ein schillerndes Feuerwerk durchgeführt, und mehrere bekannte Sänger und Bands spielten ohne Pause bis zum Sonnenaufgang. Dazu gab es eine Verlosung von Preisen, darunter zwei Flugscheine von Taipeh nach Hongkong und zurück sowie die neuesten Computerspiel-Konsolen. Nachdem es hell geworden war, konnten Besucher Fahrräder zu Sondertarifen mieten und durch die Gegend radeln, bevor es mit dem Zug zurück nach Taipeh ging. Ein Ereignis dieser Art hatte schon 2009 einmal stattgefunden, doch im Folgejahr gab es zum ersten Mal Zugtickets umsonst. Lin betrachtet das Ereignis als einen Erfolg, denn 2010 kamen zwischen 20 000 und 30 000 Besucher nach Fulong, um das neue Jahr zu begrüßen.
Zwar hat ein Landschaftsgebiet die Rolle eines Erholungsgebietes inne, doch ist es auch ein Ort für den Schutz von Natur und Kultur. Lin erläutert, dass Zonen im Landschaftsgebiet, die als Schutzgebiete ausgewiesen sind, auch dann nicht entwickelt werden dürfen, wenn sie sich in Privatbesitz befinden.
Die zerklüfteten Klippen von Longdong (links) und der Schlachtschiff-Felsen von Bitou sind ehrfurchtsgebietende Merkmale im Bitou-Longdong-Geopark. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Northeast and Yilan Coast National Scenic Area Administration)
Verbesserungsplan
Dieser Umstand rief nicht wenige Beschwerden von Landeignern in der Gegend hervor, und nach einer Inspektionsreise dort im November 2009 versprach Premierminister Wu Den-yih (吳敦義), die Landentwicklungs-Situation zu prüfen. Daraufhin entwarf das MOTC einen Dreijahresplan für die Verbesserung des nordöstlichen Landschaftsgebietes, der im März 2010 vom Rat für Wirtschaftsplanung und Entwicklung (Council for Economic Planning and Development, CEPD) gebilligt wurde.
In dem Projekt sind 688 Hektar Land erfasst, darunter 283 Hektar von Land in Privatbesitz, das wegen der verhängten Verbote nicht entwickelt werden darf. Im Rahmen eines Austauschprogramms werden die Grundbesitzer Land in Gebieten erhalten, in denen weitere Entwicklung genehmigt wurde. Zur Zeit befindet sich das Projekt noch im Stadium der Landenteignung, und die meisten Grundbesitzer freuen sich über die Vorgänge, behauptet Lin. „Dies ist das erste groß angelegte Verbesserungsprojekt in einem Nationalen Landschaftsgebiet“, bemerkt er. „Wenn das gut läuft, könnte das Modell in anderen taiwanischen Landschaftsgebieten angewandt werden, wo die Anwohner mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben.“
Zu dem Plan gehört auch ein 14 Hektar großer Hotelbezirk, in dem man bis zu fünf große Hotels für ein Feriendorf bauen könnte. Momentan kommen etwa 70 Prozent aller Besucher nur für einen Tagesausflug ins Landschaftsgebiet. „Bequeme Verkehrsmittel bringen die Touristen her und auch wieder weg“, weiß Lin. „In den größeren Städten gibt es in vernünftiger Entfernung reichlich Unterkünfte auf vielen unterschiedlichen Niveaus, deswegen braucht man nicht über Nacht zu bleiben.“ Lin glaubt, ein Feriendorf mit trefflich gestalteten Zerstreuungsmöglichkeiten würde die Besucher dazu ermuntern, länger zu verweilen.
Ein Vierteljahrhundert lang gab es zu Wasser und in den Bergen des Landschaftsgebietes wenig Veränderungen, doch die Zeit hat in Gebieten der Entwicklung durch den Menschen gewiss einige Kampfesspuren hinterlassen. Die Pläne für Verschönerungen kommen offenbar zum richtigen Zeitpunkt, damit das Nationale Landschaftsgebiet weiterhin seine Rolle als eines von Taiwans vorrangigen Reisezielen erfüllen kann.
(Deutsch von Tilman Aretz)